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Was sind Vesting-Klauseln?

Das Wichtigste in Kürze:

  • Vesting-Klauseln regeln, wann Gründern und Mitarbeitern Anteile am Unternehmen endgültig zustehen.
  • Es gibt zwei Arten von Vesting-Klauseln, zum einen für Gründer, wann diese ihre Anteile verkaufen dürfen, zum anderen für Mitarbeiter, die Anteile an dem Unternehmen ansparen.
  • Vesting-Klauseln für Gründer erfordern präzise Regelungen, andernfalls droht die Unwirksamkeit der Vesting-Klausel.

Was ist eine Vesting-Klausel?

Vesting-Klauseln regeln, wann Gründern und Mitarbeitern Anteile am Unternehmen endgültig zustehen. Vesting bedeutet auf Deutsch „Freigabe“. Es gibt zwei Arten von Vesting-Klauseln, die unterschieden werden müssen:

  • Freigabe: Wenn Investoren in ein Unternehmen einsteigen und die Unternehmensgründer an dem Unternehmen weiterhin beteiligt sind, wollen die Investoren verhindern, dass die Gründer Ihre Anteile sofort verkaufen und nicht mehr für das Unternehmen arbeiten. Vesting-Klauseln regeln deshalb in diesem Fall, dass die Gründer ihre Anteile erst nach einer festgelegten Zeit an Dritte verkaufen können und schaffen somit einen Anreiz dafür, langfristig für das Unternehmen zu arbeiten.
  • Ansparen: Außerdem werden Vesting-Klauseln bei Mitarbeiteranteilen eingesetzt. Im Gegensatz zu Gründern haben Mitarbeiter noch keine Beteiligung an dem Unternehmen. Deshalb regelt die Vesting-Klausel, die Zeit, in der Mitarbeiter ihre Beteiligung an ihrem Arbeitgeber „ansparen“.

Wie wird eine Vesting-Klausel für Gründer ausgestaltet?

Rechtlich gibt es mehrere Möglichkeiten, Vesting-Klauseln auszugestalten. In der Praxis ist die Ausgestaltung als Call-Option am verbreitetsten. Allerdings haben alle Ausgestaltungsformen ihre Vor- und Nachteile, sodass im Einzelfall entschieden werden muss, wie die Vesting-Klausel ausgestaltet wird. Folgende Ausgestaltungsformen kommen grundsätzlich in Betracht:

  • Call-Option: Die Gründer geben ein unwiderrufliches Angebot auf Verkauf und Abtretung bestimmter Anteile an die verbleibenden Gesellschafter ab. Dabei wird genau geregelt, bis zu welchem Zeitpunkt und zu welchen Konditionen die Option ausgeübt werden kann. Beim Vertragsabschluss müssen die Parteien daran denken, dass der Abschluss der Call-Option in der Regel eine notarielle Beurkundung erfordert.
  • Einziehungsklausel: Es besteht die Möglichkeit, die Anteile bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen, z.B. einer Kündigung, einzuziehen. Eine solche Ausgestaltung wird in der Praxis nur selten eingesetzt, da die Anteile dabei vernichtet würden.

Welche Regelungen enthält eine Vesting-Klausel für Gründer?

Damit eine Vesting-Klausel den Interessen der Parteien entspricht, ist es erforderlich, konkret zu vereinbaren, in welchem Fall die Vesting-Klausel besteht und welche Rechte und Pflichten bei der Ausübung bestehen. Folgende Punkte sollten bei einer Vesting-Klausel geregelt werden:

  • Erwerbsrecht des Investors: Der zentrale Punkt einer Vesting-Klausel, insbesondere bei Ausgestaltung als Call-Option, ist das Erwerbsrecht der Investoren. Es muss geregelt werden, in welchem Fall das Erwerbsrecht besteht und welcher Person das Erwerbsrecht zusteht.
  • Frist: Es muss geregelt werden, innerhalb welcher Frist ab Kenntnis des Ausscheidens das Recht ausgeübt werden kann.
  • Abschmelzzeit: Die Freigabe der Anteile erfolgt in den meisten Fällen sukzessive. Das bedeutet, dass jedes Jahr ein paar Anteile freigegeben werden. Üblicherweise erfolgt die Freigabe der Anteile über einen Zeitraum von 4 Jahren. Eine übliche Regelung ist dabei, dass jeden Monat 1/48 der Anteile freigegeben wird und unwiderruflich auf den Gründer übergeht. In den ersten 12 Monaten werden allerdings meistens überhaupt keine Anteile freigegeben, sodass nach 12 Monaten pauschal 12/48 freigegeben werden und anschließend jeden Monat ein weiteres 1/48.
  • Abfindung: Wenn die Call-Option ausgeübt wird bzw. die Anteile eingezogen werden, erhalten die Gründer eine Entschädigung. Die Höhe der Entschädigung ist davon abhängig, aus welchem Grund der Vertrag gekündigt wird. Liegt eine Pflichtverletzung des Gründers vor, ist die Entschädigung niedriger als bei einer betriebsbedingten Kündigung durch das Unternehmen (sog. Good-Leaver vs. Bad Leaver).
  • Stimmrecht: Selbst für den Fall, dass die Anteile nicht verkauft bzw. eingezogen werden, der Gründer allerdings trotzdem ausscheidet, werden Regelungen getroffen. Eine beliebte Regelung ist, dass das Stimmrecht des Gründers ab dem Ausscheiden bis zum Exit (z. B. dem Verkauf des Unternehmens) nicht ausgeübt werden darf.

Der Inhalt einer Vesting-Vereinbarung wird häufig durch Investoren geprägt. Die Investoren möchten mit der Vesting-Vereinbarung ihre Investition absichern und sicherstellen, dass die Gründer weiter für das Unternehmen arbeiten. Damit die Vesting-Klausel wirksam ist, müssen die folgenden Aspekte beachtet werden:

  • Sittenwidrigkeit: Bei der Ausgestaltung einer Vesting-Klausel muss darauf geachtet werden, dass die Klauseln nicht sittenwidrig, § 138 Abs. 1 BGB, sind. Eine Klausel ist sittenwidrig, wenn ein Gesellschafter ohne sachlichen Grund von anderen Gesellschaftern oder einer Gruppe von Gesellschaftern aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann. Teilweise wird vertreten, dass dieser Maßstab auch für Vesting-Klauseln gilt. Bisher wurde diese Rechtsprechung nicht beantwortet, sodass das Risiko besteht, dass der Maßstab anwendbar ist. Entsprechend sollte die Call Option bzw. Einziehung so ausgestaltet werden, dass ein sachlicher Grund für die Ausübung erforderlich ist.
  • Bestimmtheit: Insbesondere wenn die Vesting-Klausel als Call-Option ausgestaltet ist, muss der Bestimmtheitsgrundsatz beachtet werden. Es muss genau geregelt werden, welche konkreten Anteile bei Ausübung der Option im Einzelnen gekauft werden und welche Anteile bereits fest bei dem Geschäftsführer sind.

Vesting-Klausel bei Mitarbeiteranteilen

Ein weiterer Anwendungsfall für Vesting-Klauseln sind Mitarbeiteranteile. Mitarbeiter haben im Gegensatz zu den Gründern bei Einstellung keine Anteile an dem Unternehmen. Um die Verbundenheit mit dem Unternehmen zu erhöhen, sollen Mitarbeiter häufig an dem Unternehmen beteiligt werden. Mitarbeiter erhalten Ihre Anteile üblicherweise nicht auf einmal, sondern „sparen“ die Anteile sukzessive an. Die Klausel, welche die Ansparzeit der Mitarbeiterbeteiligung regelt, wird als Vesting-Klausel bezeichnet.

Inhaltlich hat die Vesting-Klausel für Mitarbeiteranteile viele Gemeinsamkeiten mit einer Vesting-Klausel für Gründer. Folgende Besonderheiten bestehen bei Vesting-Klauseln für Mitarbeiter:

  • Cliff: Viele Mitarbeiter erhalten erst nach einer gewissen Zeit Mitarbeiteranteile. So ist es häufig erforderlich, mindestens 12 Monate für das Unternehmen zu arbeiten, um als Mitarbeiter Anteile zu erhalten. Diese Wartezeit wird als „Cliff“ bezeichnet.
  • Accelerated Vesting: Mitarbeiter erhalten üblicherweise die Möglichkeit, über mehrere Jahre hinweg ihre Beteiligung an dem Arbeitgeber aufzubauen. Wird das Unternehmen während dieser Ansparzeit verkauft, kann geregelt werden, dass der Mitarbeiter bereits vorzeitig die volle Beteiligung erhält. 

Mitarbeiteranteile werden häufig virtuell ausgestaltet. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter keine Anteile an ihrem Arbeitgeber erhalten, sondern mit Ihrem Arbeitgeber einen Vertrag schließen, der die Mitarbeiter schuldrechtlich einem Anteilseigner gleichstellt. Solche Vereinbarungen erfordern umfangreiche Verträge, um die Rechte und Pflichten präzise zu vereinbaren.

FAQ

Eine Vesting-Klausel regelt, wann Gründern und Mitarbeitern Anteile am Unternehmen endgültig zustehen. Vesting-Klauseln werden insbesondere bei Start-Ups und Mitarbeiterbeteiligungen eingesetzt

Auf Deutsch bedeutet Vesting „verdienen“. Im Rahmen von Vesting-Klauseln bedeutet dies, wann dem Mitarbeiter die Anteile final zustehen.

Vesting-Klauseln sollen sicherstellen, dass Gründer ihre Anteile an dem Start-Up nicht früh verkaufen und damit nicht mehr für das Unternehmen arbeiten.

Vesting-Klauseln verfolgen das Ziel, Mitarbeiter, Gründer und Geschäftsführer langfristig an das Unternehmen zu binden und sie an den Wertsteigerungen während der Mitarbeit partizipieren zu lassen.

Die Ausgestaltung von Vesting-Klauseln kann sehr unterschiedlich sein. In Betracht kommt grundsätzlich, die Anteile erst sukzessive Auszugeben oder den Gesellschaftern die Möglichkeit zu geben, die Anteile der Geschäftsführer zurückzukaufen oder einzuziehen.

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Über die Autorin
Dr. Anne-Kathrin Bertke
Rechtsanwältin

Dr. Anne-Kathrin Bertke hat ihr Handwerk bei den renommiertesten Kanzleien ihres Fachs gelernt und dort in den letzten Jahren federführend hochkomplexe Mandate betreut. Diese Erfahrungen haben sie geprägt. Bei NEWHAVEN erwartet Mandanten exzellente und innovative Beratung.

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