Das Wichtigste in Kürze:
- Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot muss vereinbart werden.
- Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot darf den Geschäftsführer oder Vorstand in der weiteren Berufsausübung nicht unangemessen benachteiligen. Umgekehrt bedarf es eines berechtigten Interesses des Unternehmens am nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, damit dieses wirksam vereinbart werden kann.
- Die erforderliche Reichweite des Wettbewerbsverbots ist vom Unternehmen sorgfältig zu ermitteln, weil ein inhaltlich oder räumlich zu weitreichendes Wettbewerbsverbot unheilbar nichtig ist.
- Der Geschäftsführer hat nur dann einen Anspruch auf eine Karenzentschädigung, wenn eine solche vereinbart wurde.
Was ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer und Vorstände?
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in Geschäftsführer- oder Vorstandsverträgen untersagt es Geschäftsführern und Vorständen, für eine vereinbarte Zeit eine Konkurrenztätigkeit selbst aufzunehmen oder bei einem Konkurrenten zu arbeiten. Als gesetzliche Vertreter und Leiter des Unternehmens erlangen Geschäftsführer und Vorstände im Rahmen ihrer Tätigkeit detailliertes Wissen über Geschäftsgeheimnisse und Kundenbeziehungen. Sie werden überdies oft als Gesicht des Unternehmens nach außen wahrgenommen und mit diesem in gewisser Weise gleichgesetzt. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot soll sicherstellen, dass Unternehmensleiter das erlangte Wissen und die Kundenbeziehungen nicht sofort nach der Vertragsbeendigung zulasten der Gesellschaft einsetzen.
Wann ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot eines Geschäftsführers oder Vorstands wirksam?
Ein Geschäftsführer oder Vorstand unterliegt einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot, wenn es vertraglich vereinbart wurde und ein berechtigtes Interesse an dem Wettbewerbsverbot besteht.
Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen, damit ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zulässig ist:
- Vertragliche Vereinbarung: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot muss ausdrücklich vereinbart werden. Während Geschäftsführer und Vorstände während der Anstellung auch ohne ausdrückliche Vereinbarung einem Wettbewerbsverbot unterliegen, besteht ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur, wenn es vereinbart worden ist.
- Gesamtabwägung: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist bei einem Geschäftsführer zulässig, wenn es dem berechtigten Interesse der Gesellschaft dient und die Berufsausübung des Geschäftsführers aufgrund des Umfanges des Wettbewerbsverbots (Ort, Zeit und Gegenstand) nicht unangemessen erschwert.
Innerhalb der Gesamtabwägung sind wiederum – wie beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot mit Arbeitnehmern auch – insbesondere zwei Faktoren zu berücksichtigen:
- Berechtigtes Interesse: Die Gesellschaft muss ein berechtigtes geschäftliches Interesse an dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot haben.
- Umfang Beeinträchtigung: Das Wettbewerbsverbot darf den Geschäftsführer oder Vorstand nicht zu stark beeinträchtigen. Andernfalls würde das Wettbewerbsverbot faktisch zu einem Berufsverbot führen. Deshalb muss genau geprüft werden, welchen Umfang und welche Auswirkungen das Wettbewerbsverbot hat. Dafür sind die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, die erfassten Tätigkeiten und die örtliche Reichweite zu berücksichtigen. Wird beispielsweise einer Geschäftsführerin einer Tierklinik verboten, in einem Umkreis von 100 km tätig zu werden, ist ein solches Wettbewerbsverbot typischerweise unzulässig.
- Entschädigung: Für die Frage der Wirksamkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ist eine etwaige Karenzentschädigung ohne Bedeutung. Geschäftsführer und Vorstände haben nicht grundsätzlich einen Anspruch auf eine Karenzentschädigung; ein Fehlen der Entschädigung macht das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht unzulässig.
Die §§ 74 ff. HGB, welche das nachvertragliche Wettbewerbsverbot für Arbeitnehmer regeln, sind bei Geschäftsführern nicht direkt anwendbar. Der Maßstab, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot eines Geschäftsführers zulässig ist, folgt aus § 138 BGB i.V.m. Art. 2, 12 GG. Allerdings sind die Voraussetzungen sehr ähnlich zu denen aus §§ 74 ff. HGB.
Zusätzliche Anforderungen bei AGB
Regelmäßig stellen Dienstverträge mit Geschäftsführern und Vorständen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) dar, weil sie für eine Vielzahl von Fällen verwendet werden.
Dies hat insbesondere zur Konsequenz, dass die beiden folgenden Normen anwendbar sind:
- § 305c Abs. 2 BGB: Zweifel bei der Auslegung des Vertrages gehen zu Lasten der Gesellschaft.
- § 307 Abs. 1 S. 2 BGB: Der Vertrag muss klar und verständlich sein, missverständliche Klauseln sind unwirksam.
Hat ein Geschäftsführer einen Anspruch auf eine Karenzentschädigung?
Ein Geschäftsführer oder Vorstand hat nur dann einen Anspruch auf eine Entschädigung während des Wettbewerbsverbots (sog. Karenzentschädigung), wenn eine solche Entschädigung vertraglich vereinbart wurde. Da die §§ 74 ff. HGB für nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Geschäftsführern und Vorständen nicht gelten, kann die Entschädigung auch niedriger als 50 % der bisherigen Einkünfte sein. Andererseits werden aber auch anderweitige Einkünfte nicht automatisch angerechnet.
Folgen eines unwirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots
Ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für einen Geschäftsführer oder Vorstand nicht von einem berechtigten Interesse des Unternehmens gedeckt, ist es nichtig. Im Gegensatz zu einem Wettbewerbsverbot bei Arbeitnehmern gibt es somit keine geltungserhaltende Reduktion auf das gerade noch zulässige zeitliche, inhaltliche oder räumliche Maß. Lediglich wenn Klauseln gegen AGB-Vorschriften (z. B. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB) verstoßen, ist es möglich, dass bloß einzelne Klauseln unwirksam sind, das Wettbewerbsverbot im Übrigen aber wirksam bleibt.
Verstoß gegen nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Wenn ein Geschäftsführer oder Vorstand gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot verstößt, kommen diese Ansprüche in Betracht:
- Anspruch auf Unterlassung: Unternehmen haben einen Anspruch darauf, dass die vertragswidrige Tätigkeit unterlassen wird.
- Anspruch auf Schadensersatz: Sofern das Unternehmen einen nachweisbaren Schaden erlitten hat, kann es den Ersatz des Schadens verlangen.
- Vertragsstrafe: Wenn eine Vertragsstrafe vereinbart wurde, kann das Unternehmen diese verlangen. Die Wirksamkeit einer Vertragsstrafe unterliegt strengen rechtlichen Anforderungen.
Insbesondere bei dem Anspruch auf Unterlassung kommt ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz in Betracht, um sicherzustellen, dass der Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot zeitnah unterlassen wird.
Verzicht auf nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Die Gesellschaft kann auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verzichten. Der Geschäftsführer oder Vorstand ist dann mit sofortiger Wirkung von dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot befreit. Die Gesellschaft ist dann längstens bis zum Ablauf eines Jahres ab Erklärung des Verzichts verpflichtet, die Karenzentschädigung zu zahlen (jedoch erst ab Beendigung des Dienstverhältnisses). Anders als bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten mit Arbeitnehmern kann die Entschädigungsfrist verkürzt werden.
Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot stellt nicht die einzige Möglichkeit dar, die Gesellschaft davor zu schützen, dass Wissen aus dem Unternehmen über den Geschäftsführer oder Vorstand an die Konkurrenz gelangt. Unternehmen haben folgende weitere Optionen, um sich zu schützen:
- Geheimhaltungspflichten: Sie können den Geschäftsführer oder Vorstand dazu verpflichten, bestimmte Geschäftsgeheimnisse vertraulich zu behandeln und zu schützen. Eine solche Vereinbarung erfordert keine Gegenleistung. Allerdings kann es mitunter schwierig sein, die Geheimhaltungspflichten effektiv durchzusetzen.
- Längere Kündigungsfristen: Unternehmen können lange Kündigungsfristen vereinbaren. Während der Laufzeit des Dienstvertrags folgt die Pflicht aus der Treuepflicht aus dem Dienstvertrag, bei Vorständen darüber hinaus aus § 88 AktG. Kehrseite dieses Vorgehens ist es, dass der Geschäftsführer oder Vorstand bei einer Trennung länger in einer Schlüsselfunktion verbleibt und mit werthaltigen vertraulichen Informationen in Berührung kommt bzw. im Falle einer Freistellung ein hohes Gehalt erhält, ohne dafür zu arbeiten.