Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind ein heißes Eisen – und dennoch kursieren viele Missverständnisse darüber, was wirklich gilt. Wie lang darf ein Wettbewerbsverbot sein? Muss es immer bezahlt werden? Und worauf kommt es bei Geschäftsführern und Arbeitnehmern an?
Hier sind die fünf größten Irrtümer – und was wirklich zählt:
Mythos 1: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sollten lieber etwas kürzer als länger dauern.
- Dies ist nicht uneingeschränkt richtig. Zwar können nachvertragliche Wettbewerbsverbote grds. nicht für einen längeren Zeitraum als 2 Jahre vereinbart werden.
- Gerichte haben aber auch schon nachvertragliche Wettbewerbsverbote wegen ihrer besonders kurzen Laufzeit von nur 3 oder 6 Monaten für undurchsetzbar erklärt.
- Grund: Bei kurzen Laufzeiten bestehen Zweifel daran, dass das Wettbewerbsverbot von einem berechtigten Interesse des Unternehmens gedeckt ist.
- Je nach Länge der Produktzyklen im Unternehmen können aber auch kurze Wettbewerbsverbote durchsetzbar sein. Es kommt – wie so oft – auf den Einzelfall an.
Mythos 2: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote kosten immer Geld.
- Auch das ist nicht uneingeschränkt richtig.
- Für nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern ist immer eine Karenzentschädigung in Höhe von mind. 50 % der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu zahlen, wenn das Wettbewerbsverbot durchsetzbar sein soll.
- Anders im Grundsatz bei Geschäftsführern und Vorständen: Der BGH hat im Jahr 2024 nochmals klargestellt, dass die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots mit Geschäftsleitern nicht davon abhängt, dass eine Karenzentschädigung gezahlt wird. Entscheidend ist, dass das Wettbewerbsverbot von einem berechtigten Interesse des Unternehmens gedeckt und inhaltlich nicht zu weit gefasst ist.
- Aber: Geschäftsführer können als Arbeitnehmer zu qualifizieren sein. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung ist in diesen Fällen nichtig.
Mythos 3: Je konkreter der sachliche und geografische Geltungsbereich bezeichnet werden, desto eher ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbots wirksam.
- Tatsächlich sind konkrete Bezeichnungen im Zeitpunkt der Vereinbarung des Wettbewerbsverbots oft gar nicht möglich, weil sich nicht absehen lässt, wer bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses – oft Jahre später – die relevanten Wettbewerber sein werden.
- Bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten mit Arbeitnehmern ist eine besonders konkrete Begrenzung des Wettbewerbsverbots auch nicht erforderlich:
- Denn ein zu weit gefasstes nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit Arbeitnehmern wird von Gesetzes wegen auf den gerade noch zulässigen Teil reduziert.
- Hier kann man das Wettbewerbsverbot gefahrlos großzügiger formulieren.
Mythos 4: Wenn ein Wettbewerbsverbot zu weit gefasst ist, ist es unheilbar nichtig.
- Zu unterscheiden sind nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern einerseits und Geschäftsführern andererseits.
- Ein zu weit gefasstes nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit Arbeitnehmern wird von Gesetzes wegen auf den gerade noch zulässigen Teil reduziert und ist insoweit durchsetzbar (geltungserhaltende Reduktion, s. Mythos 3).
- Anders bei Wettbewerbsverboten mit Organmitgliedern: Sind diese geografisch oder sachlich zu weit gefasst, sind sie grds. unheilbar nichtig.
- Eine geltungserhaltende Reduktion kommt bei Wettbewerbsverboten mit Geschäftsleitern ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Vereinbarung eine salvatorische Klausel enthält, die nicht der AGB-Kontrolle unterliegt, weil der Geschäftsleiter auf die Gestaltung der Klausel Einfluss nehmen konnte.
Mythos 5: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern unterliegen strengeren Regeln als Wettbewerbsverbote mit Geschäftsleitern.
- Das stimmt so nicht. Wettbewerbsverbote mit Geschäftsleitern unterliegen teilweise strengeren Regeln.
- Ein Wettbewerbsverbot für Organmitglieder ist in der Regel unheilbar nichtig, wenn es räumlich und gegenständlich weiter als nötig gefasst ist (Mythos 4). Gegenüber Arbeitnehmern wird ein zu weit gefasstes nachvertragliches Wettbewerbsverbot auf das gerade noch zulässige Maß reduziert und bleibt insoweit für beide Seiten verbindlich (Mythos 3).
- Anders bei der Karenzentschädigung: Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern, die keine Karenzentschädigung vorsehen, sind nichtig – anders bei Geschäftsleitern (Mythos 2).
- Gegenüber Geschäftsleitern besteht grds. die Möglichkeit, auf das Wettbewerbsverbot auch noch nach Ende des Anstellungsverhältnisses zu verzichten. Dies ist gegenüber Arbeitnehmern nicht der Fall.
- Es ist also immer zu schauen, wer Adressat des Wettbewerbsverbots ist.